Interview mit dem Skiclub Bayer e. V.  Leverkusen zur Jugendweltmeisterschaft Alpin in Narvik und dem anschließendem Corona-Lockdown:

 

Frage: Roman, du wurdest vom Deutsche Skiverband für die Jugendweltmeisterschaft Alpin (JWM) im März in Narvik nominiert. Wie kam es zu dieser Nominierung?

Nach meinem Abitur 2019 hatte ich letzten Winter eine traumhaft erfolgreiche Saison. Die Schule war endlich abgeschlossen, so dass ich mich voll und ganz auf das Training und Rennfahren konzentrieren konnte. Außerdem bin ich in die Sportfördergruppe der Bundeswehr eingetreten, so dass ich finanziell abgesichert bin.

Das Ende der Doppelbelastung und Fokussierung auf den Leistungssport hat sich in Erfolgen ausgezahlt: Ich habe zwei gut besetzte internationale FIS-Rennen mit Teilnehmern aus 17 Nationen gewonnen. Darüber hinaus habe ich sechs weitere Podestplätze erzielt (3x Zweiter, 3x Dritter). Dadurch konnte ich mich in der Weltrangliste meines Jahrgangs im Riesenslalom auf Platz 9 und im Slalom auf Platz 18 vorschieben.

Deshalb nominierte mich der Deutsche Skiverband für die Jungendweltmeisterschaft Alpin in Narwik, Norwegen. Ich sollte mit Riesenslalom, Slalom, Super G, Alpine Kombination und Team-Event gleich in 5 Disziplinen an den Start gehen, ein Mammut-Programm.

Frage: Wie sind die Rennen gelaufen? Wie hast du die JWM in Narwik erlebt?

Das war ein super cooles Event! Die besten Nachwuchsläufer der Welt treffen sich in Norwegen nördlich des Polarkreises, um Ihre Weltmeister auszufahren. Das war Gänsehaut pur, dabei zu sein!

Mein erstes Rennen war der Super G, den ich während der Saison kaum trainiert hatte. Er diente für mich als Vorbereitung auf die Alpine Kombination. Im Starthaus schaute man über die Piste direkt auf das Wasser des Fjordes von Narvik, beeindruckend! Wieder ein Gänsehaut-Moment.

Mit Start-Nummer 54 gelang es mir die Zwischenbestzeit zu setzen. Leider war ich am Ende des Steilhanges bei einem Tor zu spät dran, so dass ich nicht die maximale Geschwindigkeit ins Flachstück mitnehmen konnte. Mit Platz 23 war es aber ein erfolgreicher Test für die Alpine Kombination. Wegen schlechten Wetters wurde Sie aber zwei Tage später abgesagt.

Deshalb fokussierte ich mich auf den Riesenslalom. Mit einer guten Startnummer rechnete ich mir Chancen auf eine Platzierung in den Top 5 aus. Ich fühlte mich topfit und im gemeinsamen Training mit dem amerikanischen Team war ich Trainingsschnellster und konnte Gile Bridger, die aktuelle Nr. 1 der Jugend-Weltrangliste, und weitere Topfahrer distanzieren. Ich war hochmotiviert und freute mich auf den nächsten Tag.

Frage: Wie hast du von der Absage der Jugend-Weltmeisterschaft erfahren

Um 22:00 Uhr, kurz bevor ich ins Bett gehen wollte, wurde kurzfristig ein Team-Meeting angesetzt. Die düsteren Mienen der Trainer verhießen nichts Gutes. Und dann verkündete DSV Cheftrainer Anderl Ertl die überraschende Nachricht: die Jugend Weltmeisterschaft wird wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Wir konnten es nicht fassen, damit hatten wir nicht gerechnet. In Narvik gab es keinen einzigen Corona-Fall und die Jugend-Weltmeisterschaft lief ohne Probleme schon seit 10 Tagen!

Dann machten die Trainer Druck: Wir sollten sofort unsere Sachen packen während die Trainer in der Zwischenzeit den nächstmöglichen Flug nach Deutschland gebucht haben

Frage: Wie war Deine Reaktion und die Reaktion des DSV Teams?

Beim Packen realisierte ich erst, was gerade passiert war. Eine unendliche Enttäuschung überfiel mich. Meine erste und letzte JWM wurde mir genommen! Ich war in einer Superform und bereit, das Podium zu attackieren. Im nächsten Jahr bin ich zu alt für die JWM und habe deshalb keine Chance mehr, in diesem wichtigsten Event der Jugend mein Können zu beweisen.

Beim nächsten Meeting mit den Trainern um 23 Uhr der nächste Knaller: Keine Rennen mehr in dieser Saison! Alles abgesagt, die Saison ist zu Ende! Schnellstmöglicher Abflug aus Narvik um 6 Uhr in der früh, Busabfahrt um 4:00 Uhr in der Nacht! Der nachnominierten Franziska Berger schossen die Tränen in die Augen: sie war erst um 20 Uhr gelandet und musste Narvik noch vor Anbruch des Tages wieder verlassen!! Innerhalb einer Stunde sollten alle abfahrbereit sein. Hektisch wurde das ganze Skimaterial verpackt und die  Material-Busse der Trainer beladen.

Nach dem Packen zogen die Athleten aller Nationen in den Ort Narvik und feierten gemeinsam eine legendäre Saison-Abschlussparty. Wir alle waren masslos enttäuscht, und das überraschende Ende der Wettkampfsaison mündete in eine wunderbare gemeinsame Abschlussfeier bis zur Abfahrt der Busse zum Flughafen.

Frage: In welche Kader bist du nach der JWM eingeteilt worden?

Für mich fand die Saison noch einen versöhnlichen Abschluss. Der DSV beförderte mich aufgrund meiner Erfolge in das Europacup Team der Deutschen Nationalmannschaft. Ich möchte mich an dieser Stelle noch bei meinen Trainern und Ex-Weltcup Fahrern Tim Jitloff und Stefan Kogler bedanken, von denen ich in dieser Saison viel gelernt habe.

Roman, herzlichen Dank für die Einblicke und das nette Interview.

Das Redaktionsteam des Skiclub Bayer e. V. Leverkusen